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1.2 Diskussionspartner zu jedem Thema (Usenet/News)

Wenn sich zwei Menschen unterhalten wollen, tun sie das im allgemeinen nur, wenn sie sich etwas zu sagen haben (selbstverständlich gibt es die bekannten Ausnahmen). Voraussetzung dazu ist, daß es irgendwo zumindest ansatzweise verwandte Interessen gibt.

Der folgende Auszug aus einem fiktiven Adreßbuch

js@shar.sidney.com.au          Jane Smith, Sidney, Australien
dürfte für sich allein betrachtet recht uninteressant sein. Wenn Jane Smith aber zufällig Spezialistin für Haifischfang ist und Sie schon immer mal wissen wollten, wie man Haifische fängt, könnte es interessant werden. Aber auch dazu ist Voraussetzung, daß Jane Smith überhaupt gewillt ist, mit Ihnen darüber zu kommunizieren. Ein fiktives Adressbuch, welches u.U. noch die Interessensgebiete der Teilnehmer aufnehmen könnte, wird zunehmend unmöglich, wenn es auch noch die jeweilige momentane Kommunikationsbereitschaft mit erfassen sollte.

Daher hat das Netz ein besseres kommunikationsförderndes Medium erfunden: die im deutschen Sprachgebrauch häufig so genannten Netznachrichten  oder Diskussionsforen . Der Name >>Nachrichten<< könnte dabei allerdings das Mißverständis nahelegen, daß es sich um etwas Ähnliches wie Radio- oder Fernsehnachrichten handelte. Doch dem ist nicht so, denn die Netznachrichten werden von den Netzteilnehmern selbst verfaßt. Hier findet also im Gegensatz zu den bisher üblichen Massenmedien die Kommunikation nicht bloß in der Weise einer Einbahnstraße statt, wo wenige Auserwählte dem >>dummen<< Volk die >>Wahrheit<< verkünden, sondern hier ist das (Netz-) Volk selber der Nachrichtensprecher.

Die im Englischen gebräuchlichen Namen Usenet oder Net-News beschreiben das Medium besser. Besonders der erste Name, >>UseNet<<, abgeleitet von >>Users Network<<, also >>Netzwerk der Benutzer<<, gibt eine zutreffende Vorstellung. Im weiteren Verlauf dieses Buches werden daher auch im allgemeinen die englischen Originalnamen gebraucht.

Damit das Medium Usenet einigermaßen übersichtlich in der Handhabung bleibt, ist es in sehr viele Themengebiete strukturiert, mittlerweile in mehr als 6000. Wenn Sie sich also wirklich für den Haifischfang interessieren, haben Sie eine Chance den richtigen Kommunikationspartner zu finden, wenn Sie im richtigen Themengebiet suchen. Im Anhang A.2 dieses Buches finden Sie eine Liste der deutschsprachigen Themenbereiche (und die Anleitung dazu, wie Sie sich per E-Mail eine Liste nahezu aller internationalen Themen beschaffen können). Von großem Vorteil ist es, wenn Sie im Englischen fit sind oder es zumindest werden wollen, denn der weitaus überwiegende Teil der Kommunikation im Internet ist englischsprachig. Die folgende Liste von Themengebieten gibt eine Ahnung von der Vielfalt:

   alt.gourmand                     Recipes & cooking info. (Moderated)   
   alt.fishing                      Fishing as a hobby and sport      
   alt.internet.services            Information about services on the    
                                    Internet                
   alt.meditation.transcendental    Contemplation of states beyond the teeth
   alt.sex                          Postings of a sexual nature       
   alt.support.diet                 Seeking enlightenment through weight loss
   amiga.hardware                   Amiga-Hardware             
   aus.jobs                         Jobs available & wanted [Australian]  
   bionet.molbio.evolution          How genes and proteins have evolved   
   biz.jobs.offered                 Position announcements         
   comp.unix.solaris                Discussions about Solaris operating System
   de.alt.fotografie                Alles in und um Fotos          
   de.comm.internet                 Networking/Internet           
   de.comp.sources.misc             Programme fuer MS-DOS (Moderated)
   de.etc.finanz                    Infos zu & Diskussion ueber Geld &   
                                    Anlagen                 
   de.rec.fahrrad                   Alles rund ums Fahrrad         
Die Themengebiete werden meist Newsgruppen  genannt - wir werden diese Bezeichung im folgenden auch häufig verwenden. Die Namen der Newsgruppen bestehen aus abgekürzten Teilnamen, die durch Punkte voneinander getrennt werden. In anderen Computernetzen werden dieselben Newsgruppen häufig als >>Bretter<<  (in Analogie zum >>Schwarzen Brett<<  oder dem englischen >>Bulletin-Board<< ) oder auch als >>Areas<<  bezeichnet. Dann werden statt der Trennung der Teilnamen durch Punkte häufig Schrägstriche (/) und Großschrift verwendet, also z.B. DE/REC/FAHRRAD.

In jedem Falle gibt der erste, links außen stehende Teilname die grobe Einteilung, der letzte, rechts außen stehende die feinste an. So bedeutet z.B. de.rec.fahrrad, daß es sich um deutschsprachige Themen (de) aus dem Freizeitbereich (engl. rec = recreational = freizeitorientiert) handelt, und zwar genauer um die Themen Fahrräder und Fahrradfahren. Die deutschsprachigen Themen fangen mit dem linken Teilnamen de an. Da neben dem Newsgruppen-Kurznamen noch die längere Erklärung (rechts) steht, ist das Themengebiet meist klar beschrieben. Wenn Sie weitere Einzelheiten interessieren - wie z.B. die Bedeutung der Angabe >>(Moderated)<< -, dann finden Sie mehr dazu in Kapitel 3.3.1.

Welche Newsgruppen Sie jeweils vorfinden, hängt allerdings vom Betreiber des Rechners ab. So haben z.B. die meisten deutschen Universitäten alle Themengebiete, die das Wort >>sex<< im Namen tragen, gestrichen - weniger weil sie um das Seelenheil ihrer Studenten fürchten, sondern weil sie sich nicht dem Vorwurf der Verschwendung von Steuermitteln auszusetzen wollen. Wobei sich aber gleich die Frage stellt, warum dann beispielsweise alt.gourmand und viele andere Newsgruppen nicht auch gestrichen wurden. Eine plausible Antwort auf diese Frage ist bisher noch nirgendwo aufgetaucht - viele Netzteilnehmer aus dem Universitätsbereich sprechen daher doch eher von Zensur.

Der Namensteil alt stellt noch eine Besonderheit dar. Eigentlich steht alt für alternativ. Das hat hier jedoch nichts mit dem Namen für eine geistige oder politische Haltung zu tun, sondern beschreibt eine alternative Möglichkeit bei der Einrichtung (oder Erfindung) neuer Newsgruppen. Grundsätzlich kann nämlich jeder Netzteilnehmer auch selber neue Themengebiete erfinden und einrichten. Hierzu ist bei den >>normalen<< Newsgruppen ein genau vorgeschriebenes Verfahren einzuhalten. Die sogenannten alt-Gruppen hingegen können von jedem sehr einfach selber angelegt werden (mehr dazu in Kapitel 3.3.5.

Das Schreiben und Veröffentlichen eines Artikels in den Net-News wird >>posten<<  genannt. Daher auch das in der obigen Liste verwendete Substantiv Posting  (=Artikel). Mit jedem Posting hinterläßt der Verfasser in dem Artikel seine Mail-Adresse , so daß er als Kommunikationspartner für andere auch direkt erreichbar wird. Ein Beispiel für den praktischen Nutzen, den man aus den News gewinnen kann, ist eine Geschichte, die ich selbst erlebt habe. Sie steht in dem folgenden Einschub, >>Geschichten, die das Usenet schrieb ...<<, und so, wie sie dort erzählt ist, habe ich sie auch im Netz >>gepostet<< (Netzjargon: veröffentlicht). Es ist dabei übrigens Sitte, auch in deutschen Texten keine Umlaute  zu benutzen, sondern durch ae, ue usw. zu ersetzen, da unter den vielen verschiedenen beteiligten Systemen des Netzes die Darstellungweise für deutsche Umlaute nicht immer einheitlich ist (für Kenner: reine 7-Bit-ASCII-Darstellung).

Geschichten, die das Usenet schrieb ...

Ich hatte zu Beginn des Jahres 1993 ernsthafte gesundheitliche Probleme mit meiner Nase. Dieses zum Atemschoepfen eigentlich nuetzliche Teil tat damals bisweilen eher das Gegenteil, es vermittelte das Gefuehl, mit Beton oder aehnlichem verschlossen zu sein. Da die Probleme damit schon mehr oder weniger Jahre zurueckreichten, suchte ich im Mai endlich einen HNO-Arzt auf. Diagnose: chronische Entzuendung der rechten Nasennebenhoehle. Der Operationstermin war schnell gemacht. Ich hatte das Roentgenbild selber gesehen - die Sache war klar und eindeutig.

Dann kamen mir Bedenken - wer wird schon gern operiert -, und ich schrieb ein Posting in der Newsgruppe de.sci.medizin, in dem ich die Sache schilderte. Daraufhin kamen verschiedene gute Ratschlaege. Einer davon enthielt den Tip, Folsaeure einzunehmen, obwohl diese eigentlich nichts mit der Nase zu tun hat. Die Absenderin schrieb, sie habe vor einiger Zeit zufaellig wegen einer anderen Behandlung Folsaeuretabletten eingenommen, und sozusagen als >>Nebenwirkung<< sei ihre Nase, mit der sie auch schon seit Ewigkeiten Probleme gehabt habe, endlich wieder gesundet.

Nun, ich dachte mir, der Versuch kostet wenig (genauer: 24,50 DM), negative Nebenwirkungen von Folsaeure sind kaum bekannt, also probier' ich's. Nach vier Wochen waren saemtliche Probleme mit meiner Nase verschwunden.

Danach war ich dann noch einmal bei einem (anderen) HNO-Arzt und habe die Nebenhoehlen wieder roentgen lassen (sicher ist sicher) - auf dem Roentgenbild war *keine* Entzuendung mehr zu sehen.

Mir hat das Ganze eine Nasenoperation mit zweifelhaftem Ausgang erspart.

Fuer die Wahrheit der Geschichte verbuerge ich mich.

Wolfgang Sander-Beuermann, wsb@behre.han.de


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