<< , >> , hoch , Titelseite , Inhaltsverzeichnis , Index

3.8 Talk - direkter Dialog mit einem anderen Netzteilnehmer

Wenn nun mit Hilfe von Finger herausgefunden wurde, daß der gesuchte Gesprächspartner ebenfalls gerade >>im Internet<< ist, kann mit ihm eine Unterhaltung begonnen werden. Hierzu dient das Tool mit dem selbsterklärenden Namen Talk. Das Kommando erwartet die Angabe der Zielperson und versucht dann, eine Verbindung herzustellen, also z.B.:
talk js@shar.sidney.com.au
Danach erscheint bei der Gegenstelle eine Nachricht auf dem Bildschirm:
Message from Talk_Daemon@behre at 23:07 ...       
talk: connection requested by wsb@behre.han.de.
talk: respond with: talk wsb@behre.han.de
Wenn js@shar.sidney.com.au antworten will, muß sie also das Kommando
talk wsb@behre.han.de
eingeben (wenn sie nicht gestört werden möchte, kann sie >>mesg n<< eingeben, dann erhält der Anrufende die Nachricht: >>[Your party is refusing messages]<<). Nehmen wir den positiven Fall an, dann teilt das talk-Kommando den Bildschirm beider Gesprächspartner in zwei Hälften:
--------------------------------------------------------------------
[Connection established]                            
                                      
Hi Jane!                                    
How's it going?                                
                                                                              
                                                                              
                                                                              
                                                                              
--------------------------------------------------------------------

Thanks, fine!                                 
And how about you?                               
                                                                              
                                                                              
                                                                              
                                                                              
--------------------------------------------------------------------                                                                              

Jeder Gesprächspartner hat eine Bildschirmhälfte für die Unterhaltung zur Verfügung (ist sie mit Text aufgefüllt, beginnt die Eingabe am oberen Ende der Bildschirmhälfte von neuem).

Sie fragen sich jetzt vielleicht, ob diese Unterhaltung nach Australien viel Geld kostet? Nein, das tut sie nicht. Im Pauschalpreis ist alles, was Sie im Internet tun, inbegriffen. Auch bei den volumenabhängigen Preisen ist das transportierte Datenvolumen bei dieser Anwendung eine vernachlässigbare Größe. Das heißt, bei einem vorhandenen Internet-Zugang kostet es praktisch nichts. Das Talk-Werkzeug ist in sehr ähnlicher Form auch unter MS-Windows verfügbar.


Das Talk-Werkzeug funktioniert wie ein >>Telefon auf dem Bildschirm<<; aber es kostet (fast) nichts, mit dem anderen Ende der Welt zu reden.
Eine Falle für Talk-Benutzer sollten Sie jedoch vorher kennen. Leider vertragen sich nämlich nicht alle Versionen dieses an sich nützlichen Programms miteinander. Wenn sich nach dem Kommandoaufruf die Nachricht
[Checking for invitation on callers machine]
auf dem Bildschirm zeigt, dann ist diese harmlos erscheinende Nachricht eine sehr schlechte. Dann verwendet nämlich Ihre Gegenstelle eine Version des Talk-Programms, die mit Ihrer nicht kommunizieren kann. Um dem abzuhelfen, können Sie zum einen ein besseres Talk-Programm installieren. Es heißt ytalk und ist der Lage, mit jeder Version jedes anderen Talk-Programms zu kommunizieren. Es ist im Netz frei erhältlich, Sie können es mit dem Archie-Dienst lokalisieren. Zum anderen können Sie auch den in Abschnitt 3.9 beschriebenen Dienst IRC anstelle von Talk benutzen. Andere >>schlechte Nachrichten<< der Gegenstelle, die den Talk-Dialog unmöglich machen können, sind zwar auch nicht schöner, aber wenigstens leichter erkennbar:
target machine is too confused to talk to us
beeinhaltet eine klare Aussage (>>Gespräch geht nicht<<).

Die Geschichte von Jim, Joanna, Finger und Talk

Jim und Joanna sind Studenten an zwei Universitäten in Amerika. Jim studiert Rechtswissenschaften in Vancouver, Kanada. Joanna studiert Physik in Houston, Texas. Beide lernen im Rahmen ihrer Ausbildung auch den Umgang mit Computern und Netzen. Beide kennen sich nicht. Beide lernen aber, wie sie sich mit anderen Menschen, die an Rechnern im Internet arbeiten, per Tastatur und Bildschirm unterhalten können. Jeder am Netz kann feststellen, wer an jedem anderen Rechner arbeitet (Finger). Er kann weiterhin jedem dieser anderen eine Nachricht direkt auf dessen Bildschirm schreiben (Talk). Jeder, der das nicht will, der sich nicht in seine Privatsphäre schauen lassen will, kann diese grundsätzlich vorhandene Möglichkeit natürlich ausschalten (mesg n).

Nun, Jim und Joanna hatten diese Möglichkeit nicht ausgeschaltet. Und so erscheint eines Nachts, beide haben zufällig bis spät in die Nacht am Rechner gearbeitet, auf Jims Bildschirm eine Nachricht: >>Hallo Jim, wie geht's und steht's denn so in Vancouver? Ich bin Joanna aus Houston, wenn Du Zeit und Lust auf einen Schwatz hast, antworte doch mal!<< Jim hat Zeit. Und Zeit haben sie beide nicht nur an diesem Abend und in dieser Nacht. Sie unterhalten sich zunächst über Gott und die Welt, aber recht bald auch sehr intensiv über sich und ihre Gefühle, die sich im Laufe der Zeit einstellen.

Ihre Unterhaltungen entwickeln sich zu einer >>Bildschirm-Romanze<<, sie finden Übereinstimmungen fast überall. Sie beschließen, sich zu besuchen, sich auch persönlich kennenzulernen. So weit die glückliche Seite der Love-Story aus dem Computer. Dann ist Joanna für Jim plötzlich auf dem Computer immer seltener zu erreichen. Sie schreibt ihm über technische Probleme, welche die Kommunikation verhinderten, ihr Modem sei defekt. Jim reißt irgendwann der Geduldsfaden. Er kauft für 240 Dollar ein Flugticket nach Houston und besucht sie.

Und stellt fest, daß er sehr unwillkommen ist, da sie sich mittlerweile in einen realen Mitstudenten verliebt hat und von ihm, der Liebe aus der Computerwelt, nichts mehr wissen will. Jim ist tief enttäuscht, zornig, fliegt zurück nach Vancouver und schreibt diese Geschichte und seine Enttäuschung in ein öffentlich lesbares Computermedium. Damit wird sie der Welt bekannt und findet so schließlich ihren Weg in dieses Buch.

Sie als Leser glauben diese Geschichte vielleicht nicht? Ich kann nur raten: tun sie's! Sonst verstehen Sie eines Tages die Welt oder Ihre eigenen Kinder nicht mehr. Übrigens gibt es auch genug solcher Computer-Love-Stories, die mit Happy-End ausgegangen sind. Wie im richtigen Leben eben ...


<< , >> , hoch , Titelseite , Inhaltsverzeichnis , Index